Penzlin, in ältester Zeit auch Pacelin genannt, existierte bereits 1170 als ein namhafter wendischer Ort, der bald auch als Hauptort eines Landes oder Gaues vorkommt, und ward mit vielen anderen, um den 3/4 Meile von Penzlin entfernten Tollense-See belegenen Ortschaften zu der gedachten Zeit von den pommerschen Fürsten, denen damals diese durch den letzten Zug des Sachsenherzogs Heinrich des Löwen vollends verwüsteten Landstriche gehörten, dem Bisthume Havelberg unter der Bedingung geschenkt, daß dasselbe mit diesen Gütern ein Kloster gründe. Es kam aber nicht zur Abtretung dieser Güter und zunächst auch noch nicht zur Stiftung des Klosters, denn die wiederholten Aufstände der Wenden und die Einfälle der brandenburgischen Markgrafen ließen es so bald nicht zu Werken des Friedens kommen.
In diesen Kämpfen ging endlich das Land Stargard für Pommern verloren und kam an Brandenburg und die westlicher gelegenen Gegenden, namentlich das Land Penzlin, kamen an die mecklenburgischen Fürsten und demnächst bei der Landesteilung an die Herren von Werle. Der Fürst Heinrich Burwy II. hatte, wie wir aus einer späteren Bestätigung von 1263 ersehen, Penzlin in der Zeit von 1218 bis 1226 zu einer Stadt erhoben, die er mit dem schwerinschen Rechte bewidmete, von welchem Rechte sich aber nur noch die eheliche Gütergemeinschaft desselben erhalten hat.
Das 1182 endlich in Broda gestiftete Kloster erhielt jetzt freilich bei weitem nicht mehr alle die Güter, die es nach der Schenkung der pommerschen Fürsten von 1170 in Anspruch zu nehmen hatte, doch wurde dasselbe durch den Fürsten Nicolaus von Werle im Jahre 1273 nicht ganz ansehnlich begabt und erhielt namentlich das Patronat über die Kirchen zu Penzlin und zu Smort bei Penzlin und außer der Pfarrländereien acht Hufen in Klokow zur Abhaltung des Gottesdienstes in der Burgkapelle zu Penzlin.
Auch mit dem Bischof von Havelberg schloß Fürst Nicolaus 1274 zu Röbel einen Vergleich, nach welchem der Bischof allen Ansprüchen auf das Land Penzlin entsagte, wogegen Nicolaus die v. Plate oder v. Plote, die später Landmarschälle des Landes Stargard waren, mit dem Zehnten im Lande Penzlin belehnte. Bald darauf finden wir Penzlin einige Zeit im Besitz der Markgrafen von Brandenburg, die 1278 die Privilegien der Stadt bestätigten, Penzlin jedoch bald wieder, wenigstens im Jahre 1283, an die Herren von Werle verloren.
Da geschah es 1291, daß die beiden Söhne Heinrichs I. von Werle-Güstrow, nämlich Heinrich II. und Nicolaus, ihren Vater, der sich wider ihren Willen von neuem vermählt hatte, erschlugen. Nicolaus II. von Werle-Parchim ergriff sogleich die Waffen gegen die Vatermörder, gegen die auch alle Städte des Landes auftraten, so daß Heinrich II. nur allein in dem festen Penzlin sich behaupten konnte. Die Stadt hatte eine starke Ringmauer mit einem Thurm alle 20 Schritte, zwei Wälle mit tiefen Gräben zogen sich um dieselbe und die ganze Umgegend bestand meist aus Wasser und dunklen Wäldern. Heinrich, 1283 bei Parchim geschlagen, begnügte sich im Frieden mit Penzlin, bis er 1307 auch von hier durch Nicolaus vertrieben wurde.
Im Jahre 1327 erwarb die Stadt das Eigentum des Dorfes Smort, dessen Acker zur Stadtfeldmark gezogen wurde.
Im Jahre 1378 finden wir Wedege von Plate als Voigt zu Penzlin, der 1395 die Hälfte der Burg, Stadt und Land Penzlin an die Voß überließ. Bald darauf, 1424, wurde Schloß, Stadt und Land Penzlin an Lüdeke Maltzan auf Wolde verpfändet; die Maltzan, die damals schon Erblandmarschälle des Landes Werle waren, gaben dagegen den 1375 erworbenen Pfandbesitz des Landes Stavenhagen, wahrscheinlich zum Theil für Penzlin, 1414 auf. Die Maltzan bauten nun auf dem alten fürstlichen Burgwall eine feste Burg, von der noch das Burgverließ übrig ist.
Im Jahre 1479 ward zwar Penzlin von den Herzögen von Mecklenburg wieder eingelöst, jedoch ward Berend Maltzan schon 1500 wieder im Pfandbesitz von Penzlin und erhielt 1501 die erbliche Belehnung mit Schloß, Stadt und mehreren Gütern im Lande Penzlin. Der Sohn von Berend Maltzan, Joachim, kaiserlicher Rath und oberster Feldmarschall, der die Herrschaft Wartenberg in Schlesien erworben hatte, ward 1530 auf dem Reichstage zu Augsburg zum Reichsfreiherrn zu Wartenberg und Penzlin erhoben und unsere Regierung hat den auch den Maltzan wieder im Jahre 1854 erlaubt, sich von Maltzan, Freiherrn (nicht Reichsfreiherrn!) und Freifräulein zu Wartenberg und Penzlin zu nennen. Am 18. August 1829 erhielt der Maltzansche Familienfideicommiß in Penzlin, Bauhof, Neuhof, Lübkow, Siehdichum, Werden und den Mühlen die landesherrliche Bestätigung.
Das rechtliche Verhältniß der Stadt zu den Maltzan gestaltete sich zu einer historischen Curiosität, denn es erhielt sich noch bis in die neuere Zeit, als bei uns nirgends mehr eine simple Privatperson die Gerichtsbarkeit über eine Stadt besaßen. In den 1850er Jahren hatten die Maltzan noch die Gerichtsbarkeit, das Kirchen-Patronat, die Theilnahme an Besetzung zweier Lehrerstellen, die Urbede und einen Dammzoll, im Übrigen genoß die Stadt schon damals die Landstandschaft und alle übrigen Freiheiten und Privilegien unserer Landstände.
Die Steuern und Contributionen waren schon 1501 von den Landesherren vorbehalten und die endlosen Processe, die im vorigen Jahrhundert zwischen der Stadt und den Maltzan stattfanden, wurden sämmtlich durch den Vergleich von 1777 erledigt. Die Stadt kaufte damals für 3.300 Reichsthaler Gold den Maltzan all ihre vermeintlichen, aber von der Stadt immer bestrittenen sonstigen Rechte ab, und es wurde demzufolge Maltzan’scher Seites feierlich dem Rechte der Huldigung, der Rathswahl, der Fräuleinsteuer, der Anschlagung ihres Wappens an die Thore und an das Rathaus entsagt und die volle Unmittelbarkeit und Landsässigkeit der Stadt mit Ausnahme der Gerichtsbarkeit unumwunden anerkannt. Aus der Stadtrechnung von 1890 ist zu ersehen, daß den Maltzan auch in diesem Jahre noch die Urbede (31 Mark) gezahlt wurde, auch steht ihnen noch das Patronat über die Kirche zu.
Die Stadt hat zweimal eine totale Feuersbrunst erlitten, 1558 und 1725, bei welchen Bränden jedoch die Kirche stehen blieb. Nach dem ersten Brande wurde die Stadt nur mit einstöckigen, strohbedeckten Häusern und daneben liegenden Scheunen wieder aufgebaut; das zweite Mal trat die Regierung in Mittel, bewilligte Baugelder und befahl, daß nur zweistöckige Häuser mit Steindächern gebaut und alle Scheunen außerhalb der Thore verlegt werden sollten; doch gab es anfangs noch wenige Schornsteine und das zweite Stockwerk hatte gewöhnlich statt der Fenster blos Rauchluken. Am 7. August 1833 brannten 110 meist gefüllte Scheunen ab.
Der berühmte Dichter Johann Heinrich Voß erhielt zu Penzlin seinen ersten Schulunterricht. Sein Vater, vorher Pächter zu Sommersdorf bei Waren, wurde 1753 Bürger von Penzlin und war Pächter des Maltzan’schen Dammzolles.
Entnommen aus „Raabe, Wilhelm – Mecklenburgische Vaterlandskunde – Bd. 1: Specielle Ortskunde beider Großherzogthümer Mecklenburg“, Wismar : Hinstorff, 1894
Über den Autor Wilhelm Raabe ist nur wenig bis nichts in Erfahrung zu bringen, doch sein Werk „Mecklenburgische Vaterlandskunde“ ist eine großartige Hinterlassenschaft. Die drei Bücher aus den Jahren 1857-1863 geben nicht nur einen Überblick über die Historie Mecklenburgs, sie beschreiben detailliert jeden einzelnen noch so kleinen Ort im Land. Die Bücher wurden nach dem Tode Raabes in den Jahren 1893-1895 überarbeitet, diese aktualisierten Versionen geben ein lebendiges Bild von der Organisation Mecklenburgs zur Zeit des Deutschen Kaiserreiches. Prädikat: Wertvoller Schatz.
Raabes originale Bücher wie auch die aktualisierten Versionen können bei der Universität Rostock als pdf heruntergeladen werden: http://rosdok.uni-rostock.de/resolve/id/rosdok_bundle_0000000031